Nach 10 Spieltagen unter Corona-Bedingungen in der 1. Bundesliga ist es an der Zeit ein erstes Fazit für den Aufsteiger HL Buchholz 08-Rosengarten zu ziehen. Die Luchse liegen mit zwei Siegen und acht Niederlagen mit 4:16 Punkten auf dem 14. Platz der Tabelle, punktgleich hinter Frisch Auf! Göppingen, die aber erst acht Spiele ausgetragen haben und weniger Minuspunkte aufweisen. Der Abstand zum rettenden Nicht-Abstiegsplatz beträgt bereits vier Punkte, da bei entscheidenden Spielen gegen Oldenburg und vor allen Dingen gegen den Mitaufsteiger Halle die Schützlinge von Dubravko Prelcec dem Druck siegen zu müssen nicht gewachsen waren und unnötig unterlagen. Neben den beiden Siegen über Bad Wildungen und Göppingen zeigten die Luchse starke Spiele gegen Blomberg und Bensheim/Auerbach, wo ihnen für Punktgewinne das Quentchen Glück fehlte.
Allerdings sollte man bei der Betrachtung nicht vergessen, dass die Luchse selten mit der stärksten Mannschaft antreten konnten, da sie eine Vielzahl von verletzten Spielerinnen zu beklagen hatten. Nach dem Kreuzbandriss von Marthe Nicolai Ende der letzten Saison, traf es am vierten Spieltag Melissa Luschnat, die mit einer komplizierten Handverletzung mehrere Monate ausfällt und auch Lisa Borutta steht nicht zur Verfügung. Julia Herbst ging nach starkem Saisonstart durch einige Krankheiten geschwächt in die letzten Spiele und konnte so nicht ihr eigentliches Potential abrufen. Ähnlich erging es Marleen Kadenbach, die mit ihrer noch nicht völlig ausgeheilten Oberschenkelverletzung nicht ihre gewohnte Klasse abrufen konnte und dann auch geschont wurde Aber voraussichtlich werden beide Spielerinnen nach Beendigung der EM-Pause wieder voll einsatzbereit sein.
Die Mannschaft der HL Buchholz 08-Rosengarten hat mit Beginn des Abenteuers 1. Bundesliga mit vielen Neuverpflichtungen ein verändertes Gesicht zur Vorsaison. Aus Schweden kam Louise Cronstedt, die mit 14 Toren aus dem Rückraum ihre Bundesligatauglichkeit schon in etlichen Spielen bewiesen hat. Wozu sie fähig ist, wenn sie geschickt eingesetzt wird, frei von Verletzungen ist und unbekümmert spielt, zeigte sie im Pokalspiel gegen Oldenburg als ihre Hammerwürfe neunmal im Tor von Julia Renner einschlugen. Sie waren die Basis des letztlich deutlichen 30:22 Sieg und bedeuteten für die Luchse den Einzug unter die letzten acht Mannschaften im DHB-Pokal. Louise hat noch lange nicht ihren Leistungszenit erreicht und könnte im weiteren Verlauf der Saison ein Faktor werden. Sehr erfreulich ist auch die Entwicklung der jüngsten Spielerin Maj Nielsen auf Außen, die aus der B-Jugend des Buxtehuder SV kommend, den Weg in den Luchsbau gefunden hat und sich unglaublich schnell an die enorm erhöhten Anforderungen der 1. Liga heran gekämpft hat – da wächst was für die Zukunft. Ungemein wichtig für die Abwehr ist Natalie Axmann, die wann immer sie eingewechselt wird der Deckung mehr Stabilität verleiht. Zwei Transfer Coups gelangen Geschäftsführer Sven Dubau mit den Verpflichtungen von Jessica Oldenburg und Fatos Kücükyildiz. Nach ihrer zweijährigen Babypause kämpfte sich die ehemalige Leistungsträgerin des BSV, Jessica Oldenburg mit viel Herzblut, Freude und Ehrgeiz wieder an ihre frühere Klasse heran und sorgte bei ihrem ersten ernsthaften Einsatz gegen Göppingen mit sechs Toren für zwei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt. Ein weiterer Glücksfall war die Schwedin Fatos Kücükyildiz, die nach acht Monaten Spielpause jetzt immer besser in Schwung kommt. Fatos ist eine komplette Spielerin, die bei den Luchsen neben Kim Berndt die Taktgeberin ist. Ihren Trainingsrückstand hat sie inzwischen weitgehend kompensiert und wird dadurch in ihren Aktionen immer schneller und unberechenbarer für den Gegner. Inzwischen hat sie auch schon 24 Tore erzielt, davon sechs allein beim Sieg über Göppingen. Fatos wird bei der weiteren Abstimmung mit der Mannschaft ein wichtiger Faktor für die Luchse sein. Beim Einsatz mit Fatos und Jessica war auf jeden Fall die viel größere Spielfreude der gesamten Mannschaft festzustellen.
Ein schwieriges Kapitel ist natürlich das Spielen ohne Zuschauer, da gerade die Luchse-Fans ihr Team mit ihrer Unterstützung beflügeln können. Bei den Live-Stream Übertragungen von TV Sport-Deutschland hat der Betrachter nicht unbedingt den Eindruck eines Geisterspiels, da die zugelassenen Helfer mit ihren Trommeln und Anfeuerungsrufen das teilweise kompensieren können. Wichtig sind die Spiele in dieser außergewöhnlichen Zeit auf jeden Fall, das belegen etliche Schreiben an die Vereinsführung und stellvertretend mag diese Stimme aus Süddeutschland dienen, welche Bedeutung für viele Menschen die Übertragungen der 1. Bundesliga haben:
„Vielen Dank dass ihr weiter spielt. Ihr seid mein einziger Strohhalm in dieser schweren Zeit. Ich wohne bei Stuttgart und werde sicherlich nie ein Heimspiel live sehen können, aber eure Übertragung macht einfach Spaß und eure Mannschaft wirkt so sympathisch. Viel Erfolg für die Saison.“
Auch den Werbepartnern gilt ein besonderer Dank, die es den HL Buchholz 08-Rosengarten ermöglichen den Spielbetrieb aufrecht halten zu können. Es gibt ja keine weiteren Einnahmen, sondern immer nur weitere Kosten, deshalb kann man es nicht genug würdigen, dass immer wieder Geld generiert wird, damit die Saison nicht zum Albtraum wird. Enttäuschend ist die Unterstützung durch die politischen Entscheidungen, denn die Gelder fließen nicht zu den Luchsen. Ein Verein der 1. Handball Bundesliga müsste aus dem Sporttopf profitieren können und nicht durch kaum nachvollziehbare Vorbedingungen durch das Raster fallen.
Da die Gelder des Bundes sich auf Zuschauereinnahmen der Vorsaison richten, gehen die Luchse aus diesem Topf leer aus, denn so Sven Dubau; der Geschäftsführer der Handball-Luchse: „Natürlich haben wir in dieser Saison mit mehr Zuschauern gerechnet als letzte Saison. Mit diesen Einnahmen wollten wir die Mehrkosten in der 1. Bundesliga, wie zum Beispiel HBF-Kosten und Schiedsrichtergelder ausgleichen.“
Zum Abschluss noch zu den Aussichten des Klassenerhalts in der 1. Liga. Ganz wichtig ist, dass die Spiele gegen Ketsch und Mainz gewonnen werden. Die Luchse haben jetzt mit ihrem breiteren Kader viel mehr Möglichkeiten den Gegner vor Probleme zu stellen. Wenn sie ihre Spielfreude und Lockerheit etablieren können und in wichtigen Begegnungen die Chancen verwerten, dann sind sie durchaus in der Lage in den nächsten 20 Spielen für manche Überraschung zu sorgen. Gegner wie Bietigheim oder Dortmund sind hier zu vernachlässigen, aber in engen Spielen gegen machbare Teams, die was anbieten, muss man zuschlagen, dann ist mindestens der Relegationsplatz realistisch. Die Luchse verfügen über eine tolle Abwehr und über einen jetzt eingespielten Kader, sie können die Mission Klassenerhalt angehen.


